Steckbrief
Gefährdungsgrad: nicht gefährdet (LC)
Nationale Priorität: -
Merkmale:
- Gestalt eher plump
- Hinterbeine eher kurz
- Grundfarbe braun, rötlich oder grau in verschiedensten Tönungen, aber niemals grün
- Körperoberseite schwach bis stark gefleckt oder marmoriert
- dunkle Querbänder auf Ober- und Unterschenkel
- Schnauze kurz und stumpf
- dunkler Schläfenfleck
- hat keine äusseren Schallblasen
Verwechslungsarten:
Springfrosch
Italienischer Springfrosch
Wasserfrösche (v.a. Jungtiere)
Beschreibung
Keine andere Lurchart Europas ist derart vielfältig gefärbt und gezeichnet wie der Grasfrosch Rana temporaria. Die Färbung reicht von gelbbraun über braun, oliv, rötlich, dunkelbraun, grau bis fast schwarz; die Tiere sind stärker oder schwächer gefleckt oder völlig einförmig gefärbt. Einzig ein richtiges Grün ist diesem «Braunfrosch» fremd, dies hat die Gruppe der Wasser- und Laubfrösche für sich reserviert. Weibchen zeigen meist einen Stich ins Rötliche.
Mit einer durchschnittlichen Körperlänge von 7–9 cm gehört er zu den stattlichen Erscheinungen unter den einheimischen Amphibienarten. Maximal wird er 10 cm lang und knapp über 100 g schwer, während die kleinsten geschlechtsreifen Grasfrösche nur 6 cm lang und knapp 20 g schwer sind.
Ökologie
Die meisten Grasfrösche ziehen bereits zwischen August und November dem Laichgewässer entgegen. Ein Teil der Tiere sucht für die Ueberwinterung direkt eine sauerstoffreiche Stelle im Gewässer auf, zum Beispiel einen Bach oder den Ein- bzw. Ausflussbereich eines Weihers. Ein anderer Teil überwintert im Waldboden und macht sich beim ersten Tauwetter auf den Weg zum Laichplatz - und wird dabei nicht selten von den Rädern unserer Automobile überrollt.
Wer es dennoch geschafft hat, trifft sich mit den Artgenossen an der zuerst auftauenden Stelle des Gewässers. Meist ist dies eine seichte Stelle mit überschwemmten Grasbüscheln am Nordufer. Oft ist der grösste Teil des Gewässers noch zugefroren, das Wasser um 4 °C kalt. Die «hohe Zeit» der Grasfrösche beginnt in den wärmsten Lagen des Mittellandes mitunter schon Mitte Februar; der Aktivitätsgipfel wird normalerweise um den 10. März herum erreicht.
Die Männchen, welche meist etwas vor den Weibchen eintreffen, verteilen sich nicht gleichmässig über das ganze Gewässer, sondern bilden eine oder mehrere «Arenen», Ansammlungen von bisweilen hunderten oder tausenden von Männchen, die alle ein dumpfes, unauffälliges Gurren ertönen lassen. Grasfroschchöre sind bei mildem, ruhigem Wetter auch tags, sonst vor allem in den Abendstunden zu hören.
Jedes anmarschierende Weibchen wird sofort angesprungen und hinter den Vorderbeinen umklammert. Nach einigen Stunden oder wenigen Tagen kommt es dann zur Eiablage und Befruchtung, wobei jedes Weibchen je nach Grösse einen gallertigen Eiklumpen mit 800 bis 2500 Eiern (in andern Regionen bis 4000) ablegt. Die Weibchen verlieren dabei rund einen Drittel ihres Körpergewichtes und sehen nach der Eiablage ausgemergelt aus. Nach wenigen Tagen ist der ganze Spuk vorbei, und der grösste Teil der Tiere hat das Gewässer Richtung umliegende Wälder und Felder verlassen, wo sie sich für einige Wochen wieder eingraben. Ein kleinerer Teil der Tiere bleibt jedoch über Wochen weiterhin im Gewässer, benimmt sich dabei aber derart unauffällig, dass sie kaum je beobachtet werden.
Entsprechend den Ansammlungen der Alttiere auf engem Raum werden auch die Laichballen eng nebeneinander abgelegt und bilden bis mehrere Quadratmeter grosse Laichteppiche. Nach zwei bis drei Wochen schlüpfen kleine, fast schwarze Larven mit grossen Kiemenbüscheln, die die Tendenz zeigen, auf die leeren Gallerthüllen hinauf zu gelangen und dort von den erhöhten Temperaturen im seichten Wasser zu profitieren. Diese Bevorzugung des seichten Wassers wird sowohl dem Laich wie den Larven nicht selten zum Verhängnis. In einem trockenen Frühjahr geht das Wasser bald zurück und Laich oder Larven vertrocknen. Für die gesamte Population ist dies allerdings selten eine Katastrophe, weil in einem günstigen, feucht-warmen Frühling eine enorme «Ueberproduktion» stattfindet, die den Verlust eines Jahrgangs leicht zu kompensieren vermag.
Bald verschwinden die äussern Kiemenbüschel, und eine uns wohlbekannte Kaulquappe (Rosskopf, Rossnagel) wächst heran. Nach weiteren zwei Monaten - im Unterland also im Monat Juni - wandelt sich die Larve zum landlebenden Jungfrosch um, wobei der Körper einen enormen Umbau erfährt (Metamorphose): Lungen wachsen heran, dies Raspelzähne der Aas und Pflanzen fressenden Larven verschwinden zugunsten einer Schleuderzunge, der Schwanz bildet sich zurück, vier Beine wachsen heran und die Augen treten aus dem Kopf hervor. Für mehrere Tage müssen die Tierchen jegliche Futteraufnahme einstellen. Unter günstigen Umständen wandern Ende Juni tausende von 12–15 mm langen Fröschchen vom Weiher weg in die Umgebung («Froschregen»).
Bis zum Erreichen der Geschlechtsreife nach normalerweise drei Jahren (im Gebirge später) führen die halbwüchsigen Tiere ein äusserst verstecktes Leben und scheinen wie vom Erdboden verschluckt. Sie bleiben dem Wasser die ganze Zeit über fern und wandern erst im vierten Frühjahr wieder an ihren angestammten Laichplatz zurück. Die Männchen und die meisten Weibchen erscheinen jedes Jahr am Laichplatz; besonders im Gebirge aber hat ein Teil der Weibchen einen Zweijahreszyklus. Die meisten Grasfrösche kommen nicht mehr als zwei- bis viermal zum Laichen, werden also kaum mehr als 5–7 Jahre alt. Selten mal taucht ein acht bis elf Jahre alter «Greis» auf.
Verbreitung
Im Rahmen des Inventars der Amphibienlaichgewässer in der Schweiz wurden Grasfrösche an über 70 % aller untersuchten Gewässer nachgewiesen. Nur im südlichen Tessin und im Raum Genf ist der Grasfrosch nicht die häufigste Amphibienart. Auch im gesamten Alpenraum besiedelt er die meisten Kleingewässer, auf der Alpennordseite bis 2'300 m ü. M, im Engadin und Wallis sogar bis 2'750 m ü. M!
In den südlichen Walliser und Tessiner Alpen ist der Grasfrosch meist die einzige Amphibienart. Selbstverständlich ist die Laichzeit hier weit in den Sommer hinein verschoben, nach einem schneereichen Winter sogar bis anfangs Juli. Dennoch ist es für die Larven meist kein Problem, vor Wintereinbruch das Gewässer zu verlassen, da sie etwas schneller wachsen als die Larven im Unterland. Eine Ueberwinterung im Larvenstadium ist jedenfalls eine ganz grosse Ausnahme.
Der Grasfrosch gehört zu den weitest verbreiteten Amphibienarten Europas. Sein Areal umfasst ganz Mitteleuropa bis weit nach Asien hinein. Entsprechend seinem Vorkommen extrem hoch in den Alpen besiedelt er auch Skandinavien bis zum Nordkap, wo er wiederum die einzige Amphibienart ist. Gegen Süden hin wird es ihm bald einmal zu warm. So scheint er bereits im südlichsten Tessin, im Mendrisiotto, eher selten zu sein. Auf dem Balkan, in Mittelitalien, Südfrankreich und in den Pyrenäen meidet er das Tiefland und besiedelt nur noch Gebirgslagen. In der Schweiz aber ist er unbestritten die dominierende Amphibienart und momentan noch nicht direkt gefährdet.
Gefährdung und Schutz
Neben dem Tod auf der Strasse, der die Grasfroschbestände dezimiert, zeigt sich in den letzten Jahren vermehrt folgendes Phänomen: Vor allem in Gartenweihern und andern kleineren, isolierten Wasserbecken sterben die im Wasser überwinternden Grasfrösche bei geschlossener Eisdecke, dies oft schon im November.
Es ist wahrscheinlich, dass Sauerstoffmangel oder freiwerdende toxische Abbauprodukte der sich zersetzenden Wasserpflanzen, Algen oder Laub dafür verantwortlich sind. Abhilfe ist nicht einfach: Absterbende Pflanzen entfernen, wenig Schlamm am Grund belassen, Verhindern des gänzlichen Zufrierens.
In der Regel ist der Grasfroschbestand an sich nicht gefährdet, da immer Grasfrösche, die an Land überwinterten, die Fortpflanzung gewährleisten.
Insgesamt hat der Grasfrosch unter folgenden Voraussetzungen gute Zukunftsaussichten:
- In unserer Landschaft müssen dauernd Kleingewässer aller Art, seichte Partien an Grossgewässern und natürlich mäandrierende Bachläufe vorhanden sein. Neuschaffungen solcher Gewässer werden vom Grasfrosch in der Regel bald besiedelt.
- Auf eine weitere Entwässerung feuchter Partien auf Wiesen und in Wäldern muss verzichtet werden, sind dies doch die Landlebensräume des Grasfrosches.
- Der Einsatz von Pestiziden oder Kunstdüngern ist in allen diesen Gebieten und auf den Froschwanderstrecken völlig einzustellen.
Lebensraum
Es ist kaum übertrieben zu sagen, der Grasfrosch komme überall vor. Stehende und leicht fliessende Gewässer aller Art werden besiedelt, seien sie auch nur knapp einen Quadratmeter gross und mitten im Wald gelegen.
Gemieden werden nur stark fliessende Gewässer und solche mit dichtem Fischbesatz. In Gruben und ähnlichen Lebensräumen leben meist nur wenige Grasfrösche, während Flachmoore offenbar optimal sind, wurden doch hier schon Populationen von über 10 000 Tieren festgestellt.