Stören (Gold-)fische die Amphibien?
Das Thema Fische und Amphibien gibt immer wieder Anlass zu Diskussionen. Amphibien stehen auf dem Speisezettel vieler Fischarten. Literaturrecherchen zeigen, dass von folgenden Fischarten nachgewiesenermassen eine Prädation gegenüber Amphibienlarven, -eiern oder Adulten ausgeht: Raubfische wie Flussbarsch, Forellen, Seesaibling, Bachsaibling, Zander, Sonnenbarsch, Hecht, Zwergwels, aber auch Arten wie Stichlinge, Elritzen, Schleie, Rotfeder, Rotauge, Alet, Aal, Karpfen und Goldfische.
Grundsätzlich bilden Amphibien ein wichtiges Glied in der Nahrungskette nicht nur für Fische sondern auch für Vögel und Säuger. Natürlicherweise werden dadurch ihre Bestände nicht gefährdet. Amphibien haben Strategien gegen zu grosse negative Auswirkungen entwickelt wie z.B. grosse Laichmengen, Verstecken von Eiern, Schwarmbildung von Larven, morphologische Anpassungen etc. Nicht für alle Amphibienarten ist der Prädationsdruck gleich gross.
Am wenigsten stark betroffen ist die Erdkröte. Eier, Larven und Adulte scheinen bei den Fischen aus geschmacklichen Gründen nicht beliebt zu sein. Nur bei Futterknappheit und Strukturmangel sind Auswirkungen auf Erdkröten-Population nachgewiesen worden. Grasfroschlarven und -eier werden von den meisten untersuchten Fischarten dagegen häufig und gern gefressen. Gleiches gilt für den Bergmolch. Freischwimmende Larvenarten wie z.B. Kreuzkröte, Gelbbauchunke, Laubfrosch und Molche (Adulte und Larven), sind stark von der Prädation betroffen. Bei Kammmolch und Laubfrosch werden Fischbesatz unter den Hauptursachen für den starken Rückgang der Arten in Teilen Europas aufgeführt. Eine Beurteilung der Grössenordnung der negativen Auswirkungen muss stets unter Berücksichtigung der lokalen Voraussetzungen erfolgen.
Unter bestimmten Voraussetzungen ist eine Koexistenz von Fischen und Amphibien möglich
Der gemeinsame Lebensraum muss aus einem grösseren Gewässer (Kleinsee) mit gut ausgebildeten Verlandungszonen, reicher Vegetation, guten Nahrungsgrundlagen und einer natürlichen Fischdichte bestehen. Bei ausreichenden Strukturen kann auch ein Besatz mit Edelfischen verkraftet werden, wie z.B. die meisten Mittellandseen zeigen.
Es gibt aber Situationen, in denen der Prädationsdruck zu hoch ist – der Fortpflanzungserfolg vermag die Verluste nicht mehr zu kompensieren. Die grössten Konflikte zwischen Amphibien und Fischen entstehen in ehemals natürlicherweise fischfreien Gewässern.
Es können zwei Fälle unterschieden werden: Der erste Fall das Einsetzen (absichtlich oder unabsichtlich) von Fischen in natürlicherweise fischfreie Klein- und Kleinstgewässern mit Amphibienvorkommen. Da bei diesem Gewässertyp weder eine Absicht zur fischereilichen Nutzung noch Schutzziele für seltenen Kleinfische im Vordergrund stehen, sollten die Fische möglichst rasch wieder vollständig eliminiert werden. Als einziges taugliches Mittel kommt ein Abpumpen oder Trockenlegen des Gewässers, möglichst während mehreren Wochen im Winter, in Frage. Andere Massnahmen wie Elektroabfischen und Aussetzten von Hechten ist nicht zu empfehlen. Ersteres bewirkt trotz eines grossen Aufwandes nur eine kurzfristige Dezimierung. Die zweite Massnahme führt ebenfalls nur zu einer Verminderung der Fischbestände. Zusätzlich leiden aber auch die Amphibien unter diesem Raubdruck. Darüberhinaus braucht es eine noch gezieltere Aufklärung der Bevölkerung, damit in Zukunft in den erwähnten Gewässertyp keine Fische mehr eingesetzt werden.
Der zweite Fall, das Einsetzen von Fischen in natürlicherweise fischfreie, grössere Gewässer zum Zwecke der fischereiwirtschaftlichen Nutzung, bietet mehr Anlass zu Diskussionen. Beispiel Bergseen: In vielen Fällen sind respektive waren Bergseen natürlicherweise fischfrei. Schon seit längerer Zeit, in den letzten Jahren aber vermehrt, werden solche Gewässer bestockt. Vor allem für Angler interessante Fischarten wie Saibling und Forelle werden eingesetzt, d.h. Arten, welche einen grossen Druck auf Amphibien auswirken. Zusätzlich werden die Bestandsdichten relativ hoch gehalten, damit die AnglerInnen Erfolgschancen haben. Die Gewässer sind oft strukturarm mit wenig Versteckmöglichkeiten für Amphibien. Durch die geringe Wassertemperatur, sind sie nicht sehr produktiv, es herrscht Nahrungsknappheit. Die Auswirkungen auf die Amphibienbestände müssen dadurch als sehr gross eingestuft werden. Konkrete Untersuchungen aus den USA und Italien belegen diese Aussage. Der Schaden zeigt sich meist nicht nur durch das Erlöschen von gewissen Amphibienarten in einer Region: In den Bergseen leben auch andere, an die alpinen Bedingungen speziell adaptiere Faunen- und Florenelemente, welche unter den Fischen leiden können.
Als zweites Beispiel sei das Nutzen von kleinen Fliessgewässern als Forellenaufzuchtsgewässer erwähnt. Feuersalamander- oder Geburtshelferkrötenlarven verschwinden in solchen Fällen meist nach kurzer Zeit. Das Lebensraumangebot, das bereits durch Eindohlungen vieler Flüsschen massiv verringert worden ist, wird für diese Amphibienarten noch einmal eingeschränkt.
Was kann zur Vermeidung von negativen Auswirkungen auf die Amphibienpopulationen getan werden?
Gemäss der Verordnung zum Bundesgesetz über die Fischerei ist ein Besatz von Regenbogenforellen in hydrologisch abgeschlossene Gewässer, in Bergseen und alpinen Stauseen ohne freie Fischwanderung zugelassen, eine Bewilligungspflicht entfällt. Als erste Massnahmen dient die Information der betroffenen Personenkreise über das Problem, damit Aussetzungen künftig freiwillig unterlassen werden. Bei Bestockungsplänen empfiehlt es sich, die karch zu kontaktieren. Mittels der Verbreitungsdatenbank oder gezielte Begehung kann in vielen Fällen einfach abgeklärt werden, ob und welche Amphibien vorkommen.
Aufgrund des vorhandenen Artenspektrums in betroffenen und nächstgelegenen Gewässern können die Auswirkungen auf Amphibien abgeschätzt werden. Darauf basierend kann entschieden werden, ob eine Besatz zu verantworten ist und ob Kompensationsmassnahmen wie alternative Laichmöglichkeiten nötig und möglich sind. Allfällige Massnahmen sind zu ergreifen, bevor eine lokale Population, u.U. ein Oekotyp, verschwunden ist. Je nach Laichgewässerdichte ist eine Wiederbesiedlung einer Region schwer möglich. Auch falls keine Amphibien betroffen sind, muss man sich bewusst sein, dass trotzdem einheimische, u.U. geschützte oder schützenswerte Arten in Mitleidenschaft gezogen werden können.
Projektstudie über das Auftreten von Fischen in Kleingewässern
Unter bestimmten Bedingungen ist eine Koexistenz von Fischen und Amphibien gut möglich. Aber wenn Fische in ursprünglich fischfreien Kleingewässern auftreten, können Amphibienpopulationen dezimiert oder sogar zum Verschwinden gebracht werden. Wie Fische in Gewässer gelangen können, wird gegenwärtig kontrovers diskutiert. Eine Theorie besagt, dass Fischeier durch Enten verschleppt werden. Es kann auch vorkommen, dass die Fische über Bäche und Kanäle zuwandern.
Wir haben versucht, mit einer kleinen Umfrage herauszufinden, wie häufig Fische spontan in Kleingewässern auftreten. Eine Zusammenfassung der Resultate dieser Umfrage finden Sie untenstehend in den Publikationen.