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Einleitung Reptilienförderung

Die Bestände der einheimischen Reptilienarten sind in den letzten Jahrzehnten in weiten Teilen der Schweiz zurückgegangen. Einerseits sind die Lebensräume vieler Arten kleiner geworden, haben an Qualität verloren oder wurden fragmentiert, was die Populationen ausgedünnt hat. Andererseits sind gewisse Arten mindestens regional ganz verschwunden, wie beispielsweise die Aspisviper im nördlichen Jura oder die Schlingnatter an Teilen des Mittellandes. 

Die Ursachen für den quantitativen und qualitativen Verlust der Lebensräume sind vielfältig: Siedlungs- und Verkehrsflächen dehnen sich laufend aus, die Landwirtschaft wird – ganz entgegen der verbreiteten Meinung – weiterhin intensiviert, und landschaftsdynamische Prozesse, die auf natürliche Weise Reptilienlebensräume neu schaffen oder unterhalten würden, werden eingeschränkt oder unterbunden. Vor allem Hochwasserereignisse, sowohl im Flachland als auch im Berggebiet, können heute aufgrund von Verbauungen ihre Wirkung nicht mehr entfalten, oder sie bleiben als Folge der Gewässerregulierung ganz aus. Die typischen Lebensräume entlang von Fliessgewässern, wie beispielsweise Übersarungsflächen, verwalden und entstehen nicht mehr neu. Lawinen- und Steinschlagverbauungen führen mancherorts ebenfalls dazu, dass ehemals hochwertige Reptilienlebensräume verbuschen und verwalden. 

Die Landwirtschaft stellt für Reptilien deshalb eine zentrale Bedrohung dar, weil extensive Saumbiotope, idealerweise in Kombination mit hochwertigen Kleinstrukturen wie Trockenmauern oder Lesesteinhaufen, nach wie vor in erschreckendem Umfang eliminiert werden, weil sie für den Maschineneinsatz hinderlich sind, oder weil sie nicht dem ausgeprägten Ordnungssinn eines Schweizer Landwirten entsprechen. Das aktuelle Direktzahlungssystem trägt zu diesem Trend bei, weil es den ökologischen Wert dieser Kleinstrukturen nicht adäquat berücksichtigt und der finanzielle Anreiz, solch wertvolle Reptilienhabitate zu erhalten und zu pflegen für den Bewirtschafter offenbar zu klein ist. Mit den Kleinstrukturen und den extensiven Saumbiotopen (Hecken, Böschungen etc.) verschwinden aber auch die Reptilien von der landwirtschaftlich genutzen Fläche. Für wasserliebende Arten wie die Ringelnatter wirkte sich zusätzlich der verheerende Verlust an Feuchtgebieten und damit auch an Amphibienbeständen äusserst negativ aus.

Umgekehrt stellt auch die Aufgabe der landwirtschaftlichen Nutzung auf wenig ertragreichen oder schlecht erschlossenen Weiden und Wiesen ein Problem für die Reptilien dar: Diese häufig strukturreichen Flächen (Lesesteinhaufen, Trockenmauern) verbuschen und verwalden, und aufgrund der fehlenden Sonneneinstrahlung sind sie für Reptilien nach kurzer Zeit nicht mehr nutzbar.

Heute stehen 11 von 14 einheimischen Reptilienarten auf der Roten Liste und sind mehr oder weniger stark gefährdet. 

Intensivierung der landwirtschaftlichen Nutzung im Berner Oberland. Dieselbe Fläche im Jahr 1975 (links) und 2007 (rechts): Die grossen Lesesteinhaufen sind bis auf einen kleinen Rest vollständig verschwunden. (Quelle: Swisstopo / Flotron AG, Meiringen, Flugbild vom 4.8.2007)

Den Reptilien kann geholfen werden!

Fast alle einheimischen Reptilienarten sind Kulturfolger, die nicht ausschliesslich auf natürliche und grossflächige Lebensräume angewiesen sind. Viele Arten fühlen sich auch in der Kulturlandschaft wohl und können hier nicht nur überleben, sondern vom Einfluss des Menschen auf die Landschaft sogar profitieren und ansehnliche Bestände bilden. Voraussetzung ist, das entsprechende Klein- und Kleinstbiotope – ganz besonders die immer wieder erwähnten Kleinstrukturen – auch in der Kulturlandschaft in ausreichender Zahl und Dichte vorhanden sind. Zwar sind Pärke und Naturschutzgebiete auch für Reptilien ein wichtiges Rückzugsgebiet und Bestandesreservoir, aber grundsätzlich kann und soll Reptilienschutz und Reptilienförderung auf der Fläche erfolgen, im Siedlungsraum, entlang von Verkehrswegen, in der Landwirtschaftszone und im Wald.

Kleinstrukturen wie Stein- und Holzhaufen sind für Reptilien essentielle Lebensraumstrukturen und tragen fast überall zu qualitativen Verbesserung von Reptilienlebensräumen bei. Wie Kleinstrukturen reptiliengerecht neu angelegt werden und wo und wie Reptilien gefördert werden können, lesen Sie in den Praxismerkblättern.

Steinhaufen mit seinem Erbauer

Ein Steinhaufen zur Förderung der Reptilien wurde soeben fertiggestellt (© Andreas Meyer)