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Eine „neue“ Methode zur Erfassung von Kleinsäugern

Apodemus flavicolis besucht eine Fotobox (© Thierry Bohnenstengel)

Apodemus flavicolis besucht eine Fotobox. Die Verwendung von Ködern, hier Erdnussbutter, die an die Decke der Fotobox ausgebracht wird, verstärkt den Besuch von kleinen Säugetieren und kann die Identifikation verbessern (© Thierry Bohnenstengel)

Die Gilde der terrestrischen kleinen Säugetiere besteht aus Insektenfressern (Eulipotyphla: Igel, Maulwurf und Spitzmäuse), Nagetieren (Rodentia: Mäuse, Siebenschläfer usw., jedoch ohne Biber und Murmeltiere) und drei kleinen Karnivoren (Iltis, Hermelin und Wiesel). Sie macht ein Drittel der Säugetiere in der Schweiz aus. Aufgrund ihrer kleinen Körpergrösse und ihrer vorwiegend nächtlichen Aktivität werden die Arten dieser Gilde jedoch nur selten beobachtet.

Herkömmlicherweise werden sie mittels nicht-invasiver Fallen, und die grösseren Arten mittels Spurentunnel erfasst. Diese Methoden sind im Gelände etwas kompliziert umzusetzen (kantonale Bewilligungen, Gewicht der Ausrüstung) und erfordern erhebliche Zeit- und Personalressourcen. Bei anderen Methoden, wie Haar- oder Kotfallen, müssen für die genetischen Analysen Speziallabors beauftragt werden.

Seit langem werden Fotofallen für die Erfassung von Grosswildtieren eingesetzt. Leider sind die für die grosse Fauna aufgestellten Fallen für den Nachweis von kleinen Säugetieren wenig effizient (die Arten sind zu klein und zu schnell). Die Entwicklung der Ausrüstung ermöglicht jedoch mittlerweile die Verwendung von Fotofallen für den Nachweis dieser Arten. Vor diesem Hintergrund sind mehrere Initiativen entstanden, um Methoden zum Nachweis von kleinen Säugetieren mithilfe von Fotofallen zu entwickeln.

Das Prinzip ist relativ einfach. In der Regel handelt es sich um eine Kiste (aus Plastik oder Holz), in der eine Fotofalle installiert ist, deren Brennweite und Blitzintensität auf wenige Zentimeter (bis max. 1 m) reduziert wurde. Die Tiere betreten den Kasten durch Öffnungen, die auf der gegenüberliegenden Seite der Falle angebracht sind. Da kleine Säugetiere sehr neugierig sind und aktiv nach neuen Verstecken suchen, wird die «Fotobox» regelmässig besucht. Die Anzahl der Besuche kann durch den Einsatz von Futter als Köder erhöht werden.

Diese nicht-invasive Methode ermöglicht die Erkennung aller Arten der Gilde, wobei die Frequentierung von Art zu Art variiert. Allerdings ist die Identifizierung auf Artniveau nicht immer möglich, insbesondere bei Waldmäusen (Apodemus sp.), kleinen Wühlmäusen (Microtus sp. und Pitymys sp.) und Spitzmäusen aus der Gruppe der Waldspitzmäuse (Sorex araneus/coronatus/antinorii) sowie Wasser- und Sumpfspitzmaus (Neomys fodiens/milleri). Derzeit werden Arten auf Fotos noch manuell bestimmt, aber die automatischen Bestimmungstools entwickeln sich sehr schnell und automatisierte Verarbeitungssysteme dürften sicherlich verfügbar werden.

Darüber hinaus ist je nach Standort der Fotobox und der Art der verwendeten Fotofalle auch der Nachweis anderer Tiergruppen wie Reptilien, Amphibien oder Vögel möglich.

Dokumente und Publikationen

Das Monitoring von kleinen Säugetieren wird durch die sogenannten «Fotofallenboxen» (in Kästen montierte Fotofallen) stark erleichtert. Ein mehrjähriges Projekt des Naturmuseums St.Gallen hat die Höhenverbreitung von verschiedenen Kleinsäugern in der Pizolregion untersucht. Im Zuge dieses Projektes wurde in  Anlehnung an bestehende Designs über mehrere Jahre eine neuartige Fotofallenbox entwickelt und für den Einsatz im Gebirge optimiert: die MiniMammalCamBox.

Vinciguerra L., Geiger M. 2024: Methodenreport «MiniMammalCamBox»: Eine neu entwickelte Fotofallenbox für Bestandsaufnahmen von Kleinsäugern. Berichte der St. Gallischen Naturwissenschaftlichen Gesellschaft, Bd 95, S.201-211.