Direkt zum Inhalt
Aktualisierung des Gefährdungsstatus der EPT
-

Feldarbeit für die Rote Liste der Eintagsfliegen, Steinfliegen und Köcherfliegen der Schweiz

Aktuell
Weibchen der Köcherfliege Drusus mixtus

Weibchen der Köcherfliege Drusus mixtus (© Sandro Marcacci)

Im Rahmen dieses Projektes wird der Gefährdungsstatus der Eintagsfliegen-, Steinfliegen- und Köcherfliegenarten der Schweiz aktualisiert. Diese drei Insektenordnungen reagieren gegenüber menschlichen Einflüssen auf aquatische Lebensräume besonders empfindlich. Bei den Feldarbeiten wird nach bestimmten Arten gesucht, deren Lebensräume unterrepräsentiert sind und/oder die eine frühe oder späte Phänologie aufweisen.

AuftraggeberBAFU, Abteilung Biodiversität und Landschaft

Umsetzungsphase : 2024-2027

Eintagsfliegen (Ephemeroptera), Steinfliegen (Plecoptera) und Köcherfliegen (Trichoptera; zusammen abgekürzt EPT) sind drei Ordnungen von Wasserinsekten, die an Quellen, Wasserläufe und Wasserflächen gebunden sind. Die Larven leben ausschliesslich im Wasser, während die adulten Tiere Flügel besitzen. Aufgrund ihrer Sensibilität gegenüber Verschmutzungen gehören die EPTs zu den Bioindikatorgruppen, die in Studien häufig zur Überwachung des Gewässerzustands in der Schweiz verwendet werden.

Die letzte Rote Liste (RL) der EPT stammt aus dem Jahr 2012. Die Strategie des BAFU zur Aktualisierung der RL sieht vor, dass die RL je nach Organismengruppe alle 10 bis 15 Jahre aktualisiert werden. Aus diesem Grund beginnt die operationelle Phase ab 2023, so dass der Schlussberichts 2027 abgeschlossen werden kann. Das Ziel ist die Aktualisierung der Gefährdungsgrade der 499 EPT-Arten, welche bereits 2012 im Rahmen der RL bewertet wurden. Zusätzlich werden neue Bewertungen für Arten vorgenommen, welche die Schweiz erst kürzlich besiedelt haben oder neu beschrieben wurden.

Für die Erarbeitung dieser Roten Liste kann info fauna auf zwei wichtige Erfahrungsbereiche zurückgreifen:

  • Die Erfahrungen, die bei der Erstellung der vorherigen EPT-RL gesammelt wurden;
  • Die von Experten und ehrenamtlichen Naturforschenden kontinuierlich gesammelten Daten.

Zusätzlich kann info fauna auch die Arbeiten im Rahmen anderer BAFU-Mandate einbeziehen, insbesondere NAWA (Nationale Beobachtung der Oberflächenwasserqualität), BDM (Biodiversitätsmonitoring) und das BAFU-Projekt "Quellen". Hinzu kommen die Programme einiger Kantone (JU, LU, NW, OW, SG, SZ, UR, VD, ZH u.a.), die zusätzlich zu den Standard-IBCH-Analysen die Identifizierung von EPTs auf Artniveau verlangen. Diese kantonalen Daten können direkt für die Erstellung der RL verwendet werden. Das Projekt profitiert von Synergien mit der Aktualisierung der Roten Liste der Mollusken der Schweiz, bei der 15 grosse Seen der Schweiz auf Mollusken und EPTs beprobt werden. Vorgesehen ist eine erneute Begehung derjenigen Transekte, welche bei der vorherigen Roten Liste beprobt wurden. Mit Hilfe eines Bootes, welches mit einem an einer motorisierten Winde befestigten Greifers ausgestattet ist, können Proben vom Ufer bis in die tieferen Zonen gesammelt werden.

Die Stichprobenauswahl basiert auf den vorhandenen Daten und der letzten RL und ermöglicht die Modellierung des Besiedlungs- und Verbreitungsgebietes der Arten. Diese Analysen stellen einen wesentlichen Schritt bei der Bewertung des Gefährdungsstatus nach den Kriterien der IUCN (IUCN 2017) dar und werden nach dem von info fauna (Fivaz & Gonseth 2014) erarbeiteten und für Wasserorganismen angepassten Vorgehen durchgeführt, welches bereits in der letzten Roten Liste angewendet wurde.

Die Beprobungsstrategie berücksichtigt auch die Bedürfnisse für die Erstellung eines genetischen Multi-Locus-Repositoriums und für die Klärung spezifischer Fragen wie die Definition von interspezifischen Barrieren und die Verbesserung der Artenkenntnisse (z. B. ermöglicht der Vergleich genetischer Profile zwischen Adulten und Larven die Zuordnung beider Stadien zu einer Art und trägt so zur in vielen Fällen nicht vorhandenen Beschreibung der Larven bei).

Im Rahmen der Feldarbeiten werden 315 Kilometerquadrate, welche aufgrund ihres hohen Zielarten-Anteils ausgewählten wurden, erneut besucht und 73 Standorte in Feuchtgebieten und grossen Fliessgewässern mit Lichtfallen beprobt (2 Durchgänge pro Standort).

Die Suche nach den Arten im Feld, die Sortierung im Labor, die Bestimmung der EPT-Arten (Larven/Adulte), die Verpackung des Materials (Museum und Genetik), die Organisation und Verwaltung der Daten (die auf standardisierte und koordinierte Weise an info fauna übermittelt werden) werden von etwa 15 qualifizierten Mitarbeitern durchgeführt.

publi

Dokumente & Publikationen

Gemäss den IUCN-Kriterien stehen 43% der Eintagsfliegen, 40% der Steinfliegen und 51% der Köcherfliegen der Schweiz auf den Roten Listen. Das sind insgesamt 47% der 499 bewerteten Arten mit ausreichender Datengrundlage dieser drei Wasserinsektengruppen; 15% (71 Arten) sind zusätzlich potenziell gefährdet. Am stärksten bedroht sind die Arten der Flüsse in tieferen Lagen (Begradigungen, veränderte Abflussdynamik, Wasserqualität) und zum Teil auch der Kleinseen und Weiher sowie der Wiesenbäche (stoffliche Belastungen, Naturferne).

Lubini V., Knispel S., Sartori M., Vicentini H., Wagner A. 2012: Rote Listen Eintagsfliegen, Steinfliegen, Köcherfliegen. Gefährdete Arten der Schweiz, Stand 2010. Bundesamt für Umwelt, Bern, und Schweizer Zentrum für die Kartographie der Fauna, Neuenburg. Umwelt-Vollzug Nr. 1212. 111 S.
contact

Kontakt

Maxime Chèvre

Maxime Chèvre

Wissenschaftlicher Mitarbeiter: Informationssystem MIDAT, Fische und Rundmäuler, Flusskrebse

maxime [dot] chevreatinfofauna [dot] ch